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Moskau im August 2007

 

 

„Switzing in Moskau“

Airshow-Party.de unterwegs in Russlands Hauptstadt
(19.-26. August 2007)

Die Prophezeiungen aller Wetterfrösche waren übereinstimmend und klangen wie eine Drohung: 35 Grad im Schatten.  Erstaunlich, sagt man der russischen Hauptstadt im Allgemeinen ein doch eher zwiespältiges Verhältnis zur Quecksilbersäule nach.

Einen ersten Temperatur-Vorgeschmack bekamen wir bereits auf dem Flug von Hannover nach Moskau-Sheremetjewo. In der wunderschönen, aber betagten Tupolev 154M von Aeroflot herrschten Klimaverhältnisse wie auf dem Kleintiermarkt von Haidarabad. Wollte man seiner ausgedörrten Kehle mit einem Schluck Gerstensaft Erleichterung verschaffen, musste man zunächst 2 Euro auf den Tisch des Hauses legen, um als Gegenwert eine lauwarme Dose Heineken zu erhalten. Sicher, wir sind schon besser geflogen, aber nie in einem so coolen Flugapparat.

 

Dank guter Vorbereitung und der Unterstützung der ausgesprochen hilfsbereiten Moskowiter, stellte der Weg in die Stadt keine besondere Hürde da. Mit dem Bus ging es vom Flughafen zur nächsten Metrostation. Anstatt 70-80 € für ein Taxi berappen zu müssen, kostete uns die Tour auf diese Art lediglich 15€, ein bisschen Abenteuer inklusive.

Als wesentlich komplexere Aufgabe erwies sich das Auffinden des Eingangs unserer Herberge. Weder eine schrille Leuchtreklame, noch ein verwittertes Klingelschild deutete uns den Weg zum „Sweet Moscow“. Zu unserer Überraschung befanden sich die Räumlichkeiten, welche in den nächsten 7 Tagen unsere Heimat sein sollten, im obersten Stockwerk eines gewöhnlichen, laut nach Renovierung lechzenden Wohnhauses.
Hatten wir bei der Reisevorbereitung noch von einem schnuckeligen 4-Bett-Zimmer geträumt, wurden wir nun eines besseren belehrt: Auf ca. 18qm standen vier Etagenbetten, sowie eine Matratze zur Verfügung. In der Nacht der Nächte tummelten sich nicht weniger als 11 (!!!) Personen in der Räumlichkeit. Unter diesen Umständen erwiesen sich  das Nichtvorhandensein  eines Ventilators, die auch nachts herrschende Hitze von über 30 Grad und das inflationäre Auftreten von Leibwinden und sonstigen Körperausdünstungen als äußerst pikante Mischung.  Bei dieser nasalen Reizüberflutung nicht dem Wahnsinn zu verfallen war schwere Arbeit und animierte den Doktor zum passenden Nachtgruß: „Good night, good fight“.
Auch für jenen Zeitgenossen, denen es im Schlafgemach zu kühl anmutete, hielt „Sweet Moscow“ eine Lösung parat:  Befand sich doch der Wäschetrockner im fenster- und lüfterlosen Bad und sorgte für eine Atmosphäre, an der Luzifer seine helle Freude gehabt hätte. Der Schöpfer dieses grandiosen Plans muss vom Gedanken beseelt gewesen sein, Hitze mit Hitze bekämpfen zu wollen. Wie sonst erklären sich 100% Luftfeuchte und über 40 Grad?  Körperpflege avancierte so zum Kampf gegen Windmühlen. Nach dem Duschen war vor dem Duschen.
Die Herberge im Herzen Moskaus ist voll auf die Bedürfnisse von Rucksackreisenden ausgerichtet. Hartschalen-Touris wie wir muten dort doch etwas exotisch an und obwohl  der Aufenthalt für uns nicht minder extravagant war, wussten wir doch einige Vorteile sehr zu schätzen.
Zum einen natürlich der mit 20 Euro pro Nacht unschlagbar günstige Preis. Zum anderen liegt das „Sweet Moscow“ strategisch nicht ungünstig. Ein Supermarkt mit umfangreichem Getränkesortiment liegt ebenso in unmittelbarer Nähe, wie diverse Gourmettempel internationalen Couleurs, bis zur Metrostation „Smolenskaja“ sind es nur ein paar Hundert Meter.


Die U-Bahn ist das Verkehrsmittel in Moskau und eine Attraktion für sich. Auch wir ließen uns von den prachtvollen Bahnhöfen, endlosen Rolltreppen dem Trubel, sowie ihrer Zuverlässigkeit in den Bann ziehen. Von Zeit zu Zeit darf man auch die Bekanntschaft der überall lauernden Aufseherinnen machen. In unserem Fall gebührte diese Ehre Sascha oder besser seinem Koffer. War es doch dieser, welcher erst die übereifrige Einlasskontrolleurin zu weibischem Gezeter  und dann unser lingual überfordertes Mitglied zum Kauf eines weiteren Tickets animierte. Da der Rest unserer kleinen Reisegruppe unbehelligt die Schranke passieren durfte, kann dieses nur bedeuten: Rote Koffer kosten extra! Muss einem auch gesagt werden.
Obwohl das Reisen mit der Metro sehr günstig ist  erkundeten wir die Stadt in den ersten Tagen überwiegend per pedes. Die durch die subtropischen Temperaturen hervorgerufenen  körperlichen Gebrechen ließen uns zu der Erkenntnis gelangen, dass es durchaus Vorteile hat, die touristischen Ziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzusteuern, denn die Sehenswürdigkeiten sind, ebenso wie die dafür zurückzulegenden Meter, Groß an der Zahl.

Highlight, ob bei Tag oder Nacht, ist der Rote Platz mit der weltberühmten Basilika und weiteren, großartigen Gebäuden, die Rand des größten Platzes der Welt säumen.
Die Pracht des Kremls sucht ihresgleichen, alles, was golden glänzt ist Gold, die Ikonen in diversen Gotteshäusern sind teilweise 1000 Jahre alt. Verwehrt hingegen wurde uns die Rüst- und Schatzkammer. Der profane Grund: Es gab keine Tickets mehr. Dieser Umstand wurde uns natürlich erst eröffnet, nachdem wir 1,5 Stunden dem beliebtesten russischen Hobby frönten, dem geduldigen Anstehen an bevorzugt nicht zu kurzen Schlangen. Untröstliche Traurigkeit löste diese Farce besonders bei Nicole aus, hatte sie doch gehofft, ein leibhaftiges Fabergé Ei zu erblicken. Der Untröstlichkeit ebenso zuträglich war die Tatsache, dass ihr wegen üblem Regelbruchs („Ich stecke den Fotoapparat in meine Handtasche, da finden die ihn nie!“!) der Zutritt zu Lenins Mausoleum verwehrt wurde.

Gut gehen lassen haben wir uns es im Gorki-Park. Chill-Out vom allerfeinsten in einer Biergarten-Karikatur direkt an der Moskwa. Im Park erleben einige skurrile Fahrgeschäfte ihren zweiten Frühling, ebenso wie ein nicht mehr ganz taufrischer, aber immerhin weltraumerprobter Buran.

 

Ein ganz besonderes Erlebnis war es, sich von unserer Reiseführerin Oksana die Stadt zeigen zu lassen. Ließ sie sich doch auch von 38 Grad im Schatten nicht davon abhalten, uns die Vorzüge ihrer Heimatstadt nahe zu bringen. Mussten wir für das angeschlagene Marschtempo zwar unsere letzten körperlichen Ressourcen aktivieren, so entschädigten doch die spannenden Gespräche, verborgenen Stadtteile und die kulinarischen Hochgenüsse für die wilde Hatz.

Moskau ist eine tolle Weltstadt und hat uns viel Spaß gemacht. Undankbar war die gnadenlose (an Nerven und Körper) zerrende Hitze. Wer unter diesen Bedingungen an eine halbwegs geschmackvolle Partyperformance glaubt, der muss im Badezimmer des „Sweet Moscow“ wohnen.

Unser Dank gilt Oksana, toll, dass du soviel Zeit mit uns verbracht hast. Wir hoffen, dir irgendwann unser schönes Niedersachsen zeigen zu können.